Schwester
Punkt sechs fahre ich meinen Computer runter und schnappe mir meine Lederjacke. Die Fußgängerzone ist ausgestorben wie immer, nur im Drogeriemarkt gegenüber schlendern noch ein paar Kunden durch die Gänge. Mit dem Rad fahre ich zum Pflegeheim in der Bismarckstraße.
Ich schlucke kurz, bevor ich die Tür öffne. Anka liegt im Bett, die Decke trotz der Hitze bis zum Kinn gezogen. Wie immer plärrt der Fernseher.
„Hallo Butterblume.“ Ich drehe den Ton ab und schiebe Anka ein Kissen in den Rücken.
„Na, was gab es heute zum Mittag?“
Seit einem Autounfall vor drei Jahren ist meine große Schwester gelähmt und auf dem geistigen Niveau einer Fünfjährigen. Ein Auto hatte sie angefahren und der Fahrer ließ sie in dem Graben, in den sie mit dem Fahrrad gerutscht war, liegen. Ihr Gehirn war viel zu lange ohne Sauerstoff und als sie nach vier Wochen im Koma aufwachte, konnte sie auch nicht mehr laufen.
Das Mittagessen war neben den Simpsons Ankas Tageshighlight. Zwischen sechs und sieben durfte niemand ihr Zimmer betreten, wenn er nicht mit Haarbürsten und Trinkbechern bombardiert werden wollte.
„Blumenkohl. Blu-men-kohl. Lecker.“
Anka liebt jedes Essen. Eigentlich hätte sie längst einhundert Kilo wiegen müssen. Doch sie ist sogar schlanker als ich. Noch immer der perfekte große Schwester.
Ich klingele nach einem Pfleger, der mir helfen soll, sie in ihren Rollstuhl zu setzen. Er erinnert mich noch halbherzig an die Nachtruhe, weiß aber genau, dass das längst überflüssig ist. Ich bin mindestens vier Abende pro Woche bei Anka, sie ist mein gesamter Freundeskreis und mein einziges Privatleben.
Ich schlucke kurz, bevor ich die Tür öffne. Anka liegt im Bett, die Decke trotz der Hitze bis zum Kinn gezogen. Wie immer plärrt der Fernseher.
„Hallo Butterblume.“ Ich drehe den Ton ab und schiebe Anka ein Kissen in den Rücken.
„Na, was gab es heute zum Mittag?“
Seit einem Autounfall vor drei Jahren ist meine große Schwester gelähmt und auf dem geistigen Niveau einer Fünfjährigen. Ein Auto hatte sie angefahren und der Fahrer ließ sie in dem Graben, in den sie mit dem Fahrrad gerutscht war, liegen. Ihr Gehirn war viel zu lange ohne Sauerstoff und als sie nach vier Wochen im Koma aufwachte, konnte sie auch nicht mehr laufen.
Das Mittagessen war neben den Simpsons Ankas Tageshighlight. Zwischen sechs und sieben durfte niemand ihr Zimmer betreten, wenn er nicht mit Haarbürsten und Trinkbechern bombardiert werden wollte.
„Blumenkohl. Blu-men-kohl. Lecker.“
Anka liebt jedes Essen. Eigentlich hätte sie längst einhundert Kilo wiegen müssen. Doch sie ist sogar schlanker als ich. Noch immer der perfekte große Schwester.
Ich klingele nach einem Pfleger, der mir helfen soll, sie in ihren Rollstuhl zu setzen. Er erinnert mich noch halbherzig an die Nachtruhe, weiß aber genau, dass das längst überflüssig ist. Ich bin mindestens vier Abende pro Woche bei Anka, sie ist mein gesamter Freundeskreis und mein einziges Privatleben.
Odem - 20. Apr, 17:54